Die ersten Dienste zu begleiten, war Pionierarbeit

Typ: Interview , Datum: 22.07.2020

In der Rubrik "Stimmen aus der Praxis" berichtet Julia Gleser über Ihre Erfahrungen als OZG-Koordinatorin beim Land Schleswig-Holstein.

aktuelles Zitat:

Julia Gleser
"Bisher konnten wir die Prozesse so entwickeln, dass wir parallel etwa 20 Dienste im Konzeptions- und Entwicklungsprozess bearbeiten können. Dies gilt es für die Zukunft zu verstetigen und auszubauen."

Julia Gleser

Julia Gleser arbeitet als OZG-Koordinatorin in Schleswig-Holstein im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung. Sie ist dort für die Koordination der OZG-Umsetzung im Land Schleswig-Holstein zuständig.

Woran arbeiten Sie derzeit im Bereich OZG?

Schleswig-Holstein ist federführend im Themenfeld Umwelt und bringt sich in verschiedene Projekte in anderen Themenfeldern ein, zu nennen sind hierbei insbesondere die Digitalisierung von Wohngeld-Leistungen aus dem Themenfeld Bauen & Wohnen sowie die Mitwirkung im Themenfeld Engagement & Hobby. Mir obliegt, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen sowie unserem IT-Dienstleister, die übergreifend-strategische Koordination der Umsetzung und fachliche Sicherung unseres Projektvorgehens. Dazu haben wir in den vergangenen anderthalb Jahren Strukturen und Prozesse aufgebaut, die uns ermöglichen die Mammutaufgabe OZG zu stemmen.

Was ist der Mehrwert für Sie und für die Nutzerinnen und Nutzer, wenn das Projekt umgesetzt ist?

Wir arbeiten daran, Verwaltungsleistungen digital auf unserer zentralen Infrastruktur in großer Zahl anbieten zu können. Im Mittelpunkt steht dabei insbesondere die Nutzerfreundlichkeit für die Bürgerin oder den Bürger, aber auch für die Verwaltung. Denn professionell umgesetzte Prozesse bieten einen Mehrwert und werden entsprechende Akzeptanz erhalten.

Bei der Umsetzung dieses Ziels können wir auf verschiedene Vorarbeiten der vergangenen Jahre zurückgreifen. So waren bei uns bereits vor Beginn der Umsetzung des OZG erste Onlinedienste und grundlegende Infrastrukturen wie unser Zuständigkeitsfinder ("ZuFiSH") verfügbar. Im Kontext der OZG-Umsetzung geht es nun darum, Erfahrungen aus diesen Projekten zu nutzen und bestehende und neu entstehende Strukturen miteinander zu verknüpfen.

Was haben Sie im Projekt bereits getan und umgesetzt? Welche Phasen haben Sie durchlaufen? Was sind Herausforderungen, vor denen Sie stehen oder standen?

Wir konnten im Dezember 2019 den ersten OZG-Onlinedienst zur Beantragung von Wohngeld online nehmen. In diesem Jahr sind die ersten Dienste aus dem Themenfeld Umwelt gestartet, z.B. eine Leistung aus dem Digitalisierungslabor "Röntgen" und drei weitere aus dem Bereich "Anlagengenehmigung und-zulassung". Letztere werden seit kurzem auch von Hamburg genutzt.

Weiterhin arbeiten wir derzeit insbesondere am Thema "Fischerei" aus dem Themenfeld Engagement & Hobby. Hier planen wir ein länderübergreifendes Digitalisierungslabor zur Digitalisierung des Fischereischeins und setzen weitere themenspezifische Onlinedienste in eigener Verantwortlichkeit um; im Juni ist z.B. ein Onlinedienst für die Genehmigung von fischereilichen Hegeplänen online gegangen.

Die ersten Dienste zu begleiten, war Pionierarbeit, und jeder hat uns neue Impulse für den Aufbau nachhaltiger Umsetzungsstrukturen geliefert. Es ist uns bisher gelungen, die Prozesse so zu entwickeln, dass wir derzeit um die zwanzig Dienste parallel im Konzeptions- und Entwicklungsprozess bearbeiten können. Dies gilt es für die Zukunft zu verstetigen und auszubauen.

Was haben Sie bislang als Erfahrungen mitgenommen? Ist etwas anders gelaufen, als Sie es erwartet hatten? Gab es eine besonders hilfreiche Methode oder Herangehensweise?

Es ist wichtig, die Fachlichkeit frühzeitig zu informieren, Vorgehensmodelle transparent zu machen und sie in das Vorgehen einzubinden. Ohne die kontinuierliche Mitwirkung der Fachkolleginnen und -kollegen ist die Entwicklung von Onlinediensten unmöglich. Dies beginnt bei der Validierung der LeiKa-Einträge im OZG-Katalog und endet bei der Teilnahme an regelmäßigen Reviews des entstehenden Onlinedienstes. Auch der Zeitbedarf für die Digitalisierung der einzelnen Leistung darf nicht unterschätzt werden. Insbesondere die ersten Dienste benötigen eine intensive Betreuung, weiterhin steigt der Zeitbedarf, wenn rechtliche Gründe der Digitalisierung entgegenstehen und Gesetze geändert werden müssen.

Andere Akteurinnen und Akteure stehen jetzt erst am Anfang einer großen Aufgabe. Gibt es einen Tipp oder eine Empfehlung, die Sie weitergeben würden?

Neben dem Aufbau von Strukturen und Prozessen ist es wichtig, über das OZG zu informieren. Neben allgemeinen Informationen ist es wichtig, die Flut an neu entstandenen Fachbegriffen, wie Digitalisierungslabor oder Fachverantwortlicher bzw. Fachverantwortliche den Kolleginnen und Kollegen verständlich zu machen. Wir haben bereits zu Beginn unserer Aktivitäten ein OZG-Café für alle Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter aufgesetzt. Hier informieren wir regelmäßig über den Umsetzungsstand und stehen für Fragen zur Verfügung. Übrigens führen wir dieses Café seit dem Corona-Lockdown virtuell durch. Nach dem ersten Versuch haben wir gelernt, dass wir für solch ein virtuelles Café unsere Inhalte anpassen müssen und das Format nicht "überfrachten" dürfen. Positiv überrascht waren wir von der Resonanz der Kolleginnen und Kollegen, die dieses neuartige Format gut angenommen haben.

Die Seite onlinezugangsgesetz.de veröffentlicht an dieser Stelle regelmäßig Gastbeiträge. Diese geben einen persönlichen Einblick in die Prozesse und Projekte rund um die OZG-Umsetzung. Es handelt sich um die Meinungen und Eindrücke der jeweiligen Akteurinnen und Akteure. Sie entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des BMI.