Unser Finder ist in Deutschland einzigartig
Interview 30.07.2020
Das BMI hat die Patenschaft für Projekte des #WirVsVirus-Hackathons übernommen. Das ehrenamtliche Team von #Liquidebleiben erzählt von seiner Arbeit und gibt einen Ausblick auf zukünftige Pläne.
28.361 Menschen waren bei #WirVsVirus beteiligt, dem Hackathon der Bundesregierung. Veranstaltet wurde er zu Beginn der Corona-Krise, um schnell und gemeinsam hilfreiche Lösungsansätze zu finden, wie die Corona-Krise besser gemeistert werden kann. Ein Projekt, das dabei entstanden ist, ist wir-bleiben-liqui.de: ein digitaler Finder für Finanzierungsinstrumente, der Interessierte schnell und einfach zu den für sie relevanten Finanzierungsinstrumenten führt. Da der Hackathon nur der Startschuss war und die Projekte jetzt umgesetzt werden, haben viele der ehrenamtlichen Teams noch Unterstützungsbedarf. Das BMI hat die Patenschaft für wir-bleiben-liqui.de übernommen und bietet Expertise aus dem OZG-Umfeld. Hier stellt sich das Projekt vor.
Quelle: www.wir-bleiben-liquide.de
1. Wer steckt hinter „Wir-bleibe-liqui.de“?
Hinter wir-bleiben-liqui.de steckt das Know-how von knapp 100 Expertinnen und Experten. Zur Zeit treibt ein Team aus knapp 40 Ehrenamtlichen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Partnerfirmen das Projekt voran. Mehr Informationen zu unseren Partnerfirmen sind auf unserer Website zu finden.
Unser Team ist divers und interdisziplinär: Studierende, Berufserfahrene, Personen mit juristischem und IT-Hintergrund, Designerinnen und Designer sowie Kreative haben sich durch den Hackathon zusammengefunden und arbeiten zusammen an dem Projekt.
2. Wie kann man sich euer Projekt und die Arbeit daran vorstellen?
Wir haben im Laufe des #WirVsVirus-Hackathon-Wochenendes einen Finder für Finanzierungsinstrumente entwickelt, der Interessierte schnell und einfach zu den für sie relevanten Finanzierungsinstrumenten führt.
Unser Daily Business besteht momentan aus dem Pflegen der Datenbank und der Entwicklung eines Softwareframeworks, welches erlaubt, unsere Lösung auch langfristig nach der Corona-Zeit nutzbar zu machen (siehe Frage 8).
Das Daily Business bewältigen die Ehrenamtlichen zusammen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Partnerunternehmen. Unser Team ist in die Kleingruppen Kommunikation, Partnerschaften, Development und Datenbank unterteilt, die sich wöchentlich via Videochat abstimmen. Gemeinsam erleben wir die Projektphasen gerade wie im Schnelldurchlauf, tragen Meinungsverschiedenheiten in Slack aus und singen uns gegenseitig in Zoom-Calls Geburtstagsständchen.
3. Gibt es eine Schwachstelle, an der ihr gerade arbeitet?
Bisher haben etwas mehr als 35 000 Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) sowie Soloselbstständige unseren Finder genutzt. Das ist zwar schon etwas, aber wir sind uns sicher, dass viele von Corona betroffene Unternehmen und Interessierte noch gar nichts vom Finder wissen. Daher arbeiten wir gerade an noch mehr Reichweite.
4. Was ist der größte Vorteil, den wir-bleiben-liqui.de bringt?
Unser Finder ist in Deutschland einzigartig, denn in unter drei Minuten lassen sich die sechs einfachen Fragen beantworten, die es KMUs und Soloselbständigen erlauben, alle ihnen mögliche Handlungsoptionen zu überblicken. Wir fragen nach der politischen Zuständigkeit für den Firmensitz, das Alter des Unternehmens und die KMU-Kriterien (Vollzeitäquivalente, Umsatz und Bilanzsumme). Als Handlungsoptionen werden alle öffentlichen und rechtlichen Finanzierungsinstrumente (Fördermittel, Kredite, Bürgschaften, Stundungen wie Steuern-, Sozialbeiträge-, Dauerschuldverhältnisse, sowie Kurzarbeit) vorgestellt.
Darüber hinaus werden sämtliche in der Corona-Krise relevanten Förderprogramme aufgezeigt. Nicht nur dezidierte Corona-Hilfen, sondern auch Programme zur Förderung der Digitalisierung (z.B. Einrichtung von Heimarbeitsplätzen) und zur Ausbildungsförderung. Es werden sowohl die Zuschüsse, Kredite, Bürgschaften und Beteiligungen der Landesbanken wie auch der KfW gelistet. Auch Maßnahmen wie Steuerstundungen und privatrechtliche Möglichkeiten wie Stundungen von Dauerschuldverhältnissen (Krankenkassenzahlungen, Miete etc.) werden aufgezeigt.
5. Wer nutzt eure Plattform? Und was macht sie besonders nutzerfreundlich in der Anwendung?
Bisher über 35 000 KMUs und Soloselbstständige (Stand 17.07.2020). Unsere Plattform richtet sich an zwei Kernzielgruppen: zum einen sind das die KMUs und Soloselbstständige als Nutzerinnen und Nutzer der Finanzierungsinstrumente. Zum anderen unterstützen wir mit dem Finder auch das KMU-Ökosystem, also Banken, Wirtschaftsförderungen, Kammern, Verbände, Steuerberaterinnen und Steuerberater, die wir mit dem Finder zur Anleitung und Unterstützung der KMUs und Soloselbstständigen befähigen.
Unsere Plattform führt in sechs einfachen Fragen zu den relevanten Finanzierungsinstrumenten. Beispielsweise fragen wir die Bilanzsumme und den Umsatz nicht auf Euro und Cent genau ab, sondern nur in den für die Suche relevanten Größenordnungen von Millionen Euro. Damit sind die formalen Anforderungen geklärt und die Nutzerinnen und Nutzer können sich auf den Inhalt konzentrieren.
Für unser Konzept wurden wir übrigens auch für die UX Design Awards im Bereich "Konzept" nominiert. In dem Bereich werden Produkte in Marktreife oder neu auf dem Markt befindliche Produkte, Services und Environments ausgezeichnet.
6. Hättet ihr das Projekt auch ohne den #WirVsVirus-Hackathon in Angriff genommen?
Wir hätten uns ohne den Hackathon so nicht kennengelernt und das Projekt wäre ohne das durch den Hackathon ermöglichte Zusammenwirken von Expertinnen und Experten aus den Bereichen IT, Fördermittel, Banken & Finanzwesen, Steuern, UX/UI und agilem Projektmanagement so nicht zu Stande gekommen.
7. Was sind die nächsten Schritte und wie geht es langfristig weiter?
Momentan arbeiten wir daran, den Finder manuell up-to-date zu halten und noch etwas nutzerfreundlicher zu gestalten. Gleichzeitig bereiten wir die Umsetzung unseres langfristigen Ziels vor.
Langfristig gedacht wollen wir zum einen den gesamten Antragsprozess digital ermöglichen, beginnend mit dem Fördermittelfinder und endend mit dem digitalen Abschicken des Antrags. Dazwischen liegen dann noch zwei weitere Schritte, nämlich einerseits eine Art Hilfestellung zur Vorbereitung der Anträge in Form einer Liste mit den vorzubereitenden Dokumenten und Informationen und wo diese zu finden sind. Zwischen der Hilfestellung und dem Abschicken soll natürlich auch noch das digitale Ausfüllen des Antrags liegen. Ein Vorbild für das Nutzerinterface dafür ist das Hackathon-Projekt UDO (https://kurzarbeit-einfach.de), welches ebenfalls unter Patenschaft des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) steht. UDO ermöglicht es, Formulare (aktuell das Formular für Kurzarbeit) rein digital über eine Chatbot-UI auszufüllen. Für die Entwicklung dieser Funktionen konnten wir bereits diverse Partnerunternehmen gewinnen.
Zum anderen wollen wir langfristig ein Softwareframework entwickeln, das erlaubt, unsere Lösung auch außerhalb der Corona-Krise nutzbar zu machen. Im Sinne der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) haben wir in Zusammenarbeit mit dem Innovationslabor der Bezirksregierung Arnsberg (GovLab Arnsberg) 31 Geschäfts- und Lebenslagen identifiziert – von Hausbau bis Studium – in denen sich das Softwareframework auch nach der Corona-Zeit einsetzen lässt.
Die Seite onlinezugangsgesetz.de veröffentlicht an dieser Stelle regelmäßig Gastbeiträge. Diese geben einen persönlichen Einblick in die Prozesse und Projekte rund um die OZG-Umsetzung. Es handelt sich um die Meinungen und Eindrücke der jeweiligen Akteurinnen und Akteure. Sie entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des BMI.