Wir schaffen die Infrastruktur für das Onlinezugangsgesetz

Typ: Interview , Datum: 19.10.2020

In der Rubrik "Stimmen aus der Praxis" gibt Renate Mitterhuber einen Überblick über die Vorteile, die der Portalverbund Bürgerinnen, Bürgern und Organisationen bringen wird.

aktuelles Zitat:

Renate Mitterhuber
"Der Portalverbund wird von allen föderalen Ebenen in Deutschland gemeinsam umgesetzt."

Renate Mitterhuber

Renate Mitterhuber leitet seit November 2019 das Referat "Bundesportal; Portalverbund; Geschäfts- und Koordinierungsstelle 115" im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Dort sind die wesentlichen Themen zur Schaffung der Infrastruktur des Onlinezugangsgesetzes (OZG) verankert.

Sie leiten das Referat "Bundesportal; Portalverbund; Geschäfts- und Koordinierungsstelle 115" im BMI. Der Schwerpunkt Ihrer Arbeit liegt in der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Was hat es damit auf sich?

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch digital anzubieten. Damit das gelingt, müssen letztlich zwei Handlungsstränge verfolgt werden:

Die Verwaltungsleistungen müssen so digitalisiert werden, dass sie am heimischen PC oder mobil genutzt werden können. Dazu gehört auch, dass diese Onlinedienste an die Fachverfahren der Behörden angebunden werden. Die digitalisierten Leistungen sollen zudem von vielen Behörden verwendet werden können. Um diese Mammutaufgabe kümmert sich die Arbeitsgruppe "Digitalisierungsprogramme Bund und Föderal" in unserem Ministerium.

Die digitalen Leistungen müssen von Bürgerinnen, Bürgern und Organisationen vollständig online genutzt werden können. Dafür werden eine geeignete technische Infrastruktur sowie Basisdienste für die Identifizierung und das Bezahlen der Gebühren benötigt. Das OZG macht hier klare Vorgaben. Die Verwaltungsportale von Bund und Ländern sollen einen Portalverbund bilden. Für die Identifikation sollen Nutzerkonten bereitgestellt werden. Dieser zweite Strang liegt im Verantwortungsbereich des Referats DV 3.

Wie kann man sich das genau vorstellen? Wenn Herr Müller seinen neuen Hund online anmelden möchte, wo genau kommt er mit Ihrer Arbeit in Berührung?

Die gewünschte Verwaltungsleistung findet Herr Müller sowohl auf dem Bürgerportal seiner Stadt als auch auf dem Verwaltungsportal seines Landes oder des Bundes. Dies ist möglich, weil die föderalen Verwaltungsportale einen Portalverbund bilden, in dem die auf einem Portal bereitgestellten Informationen gleichlautend auch auf allen anderen Portalen angezeigt werden. Für diesen Datenaustausch sorgt im Hintergrund ein Online-Gateway. Herr Müller muss nicht wissen, welche Behörde zuständig ist. Jedes Portal führt ihn mit ein paar Klicks zur gesuchten Leistung.

Nachdem Herr Müller das elektronische Antragsformular aufgerufen hat, muss er sich online ausweisen. Das macht er mit seinem Nutzerkonto, das ähnlich funktioniert wie die Kundenkonten bei Online-Shops. Bund und Länder arbeiten gemeinsam daran, dass künftig mit einem einmalig eingerichteten Nutzerkonto alle digitalen Verwaltungsleistungen im bundesweiten Portalverbund in Anspruch genommen werden können, also an der Interoperabilität der Nutzerkonten.

Herr Müller entscheidet sich für das Nutzerkonto Bund, an dem er sich mit seinem Online-Ausweis mithilfe seines Smartphones als Kartenleser anmeldet. Anschließend stimmt er dem automatischen Ausfüllen des Formulars zu. Damit werden seine im Nutzerkonto gespeicherten Identitätsdaten per Knopfdruck in das Formular eingetragen. Er muss nur noch die restlichen Formularfelder ausfüllen und den Antrag versenden. Den Bescheid der zuständigen Behörde erhält Herr Müller in das Postfach, das an sein Nutzerkonto Bund angeschlossen ist.

Herr Müller hat bei der Online-Anmeldung seines Hundes zahlreiche Komponenten genutzt, die von unserem Referat verantwortet werden: das Bundesportal, das Suchen und Finden über den Portalverbund mithilfe des Online-Gateways, interoperable Nutzerkonten und das Nutzerkonto Bund.

In unserem Beispiel handelt es sich um die Leistung einer Gemeinde. Muss sich die Gemeinde an Ihr Referat wenden, damit ihr Online-Dienst über den Portalverbund gefunden wird?

Nein, für die Anbindung ihrer Kommunen an den Portalverbund sind die Länder verantwortlich. Städte und Gemeinden wenden sich am besten an die OZG-Koordinatorinnen und -Koordinatoren der Länder. Deren Kontaktdaten finden Sie im Werkzeugkasten unserer Webseite.

An wen müsste sich eine Behörde des Bundes wenden?

Bundesbehörden, die eigene Online-Dienste entwickeln möchten oder entwickelt haben und diese in das Bundesportal integrieren möchten, können sich an uns wenden (DV3@bmi.bund.de). Derzeit arbeiten wir gemeinsam mit der Bundesdruckerei an der Weiterentwicklung des Bundesportals, die insbesondere auf eine optimale Nutzerfreundlichkeit zielt. Der Live-Gang ist noch für dieses Jahr vorgesehen.

Wir haben zudem mit der Bundesdruckerei sowie dem Digitalisierungsprogramm eine komplette Fertigungsstraße aufgebaut, mit der wir eine effiziente, kostengünstige und standardisierte Digitalisierung möglichst vieler Online-Leistungen erreichen möchten. Dazu integrieren wir alle für das E-Government notwendigen Basisdienste in das Bundesportal. Im Ergebnis können wir eine Art industrielle Serienfertigung von Online-Leistungen anbieten.

Sie erwähnten den Portalverbund bzw. das Online-Gateway. Wie funktioniert es und wann kann es genutzt werden?

Damit Nutzerinnen und Nutzer jede Leistung auf jedem Verwaltungsportal finden, müssen die Portale ihre Daten untereinander austauschen. Für jede Online-Leistung gibt es eine standardisierte Leistungsbeschreibung, die angezeigt wird, wenn die Leistung in einem Portal aufgerufen wird. Diese Leistungsbeschreibungen werden im Portalverbund zwischen den Verwaltungsportalen ständig ausgetauscht. Auch die Information über den Aufruf einer Online-Leistung wird an die Portale übermittelt. Für den Informations- bzw. Datenaustausch im Portalverbund sorgt das Online-Gateway mit seinem Baustein "Suchen & Finden", den wir gemeinsam mit dem Land Hamburg diesen Sommer bereitgestellt haben.

Künftig können Bürgerinnen und Bürger ihre Behördengänge komplett digital erledigen. Aber was ist, wenn sich bei der Suche nach der gewünschten Verwaltungsleistung eine Frage ergibt?

Wenn Bürgerinnen und Bürger Fragen haben, erhalten sie Hilfe von der Behördennummer 115. Dazu stellen die an der 115 teilnehmenden Kommunen, Landes- und Bundesbehörden Informationen über die am häufigsten gefragten Leistungen in eine umfangreiche Wissensdatenbank ein. Auf Basis dieser Informationen werden die Fragen beantwortet.

Wir schaffen übrigens den direkten Kontakt zwischen Bürgerinnen und Bürgern und den Behörden nicht ab: Herr Müller kann weiterhin ins Bürgeramt gehen oder dort anrufen. Seine Ansprechperson findet er auf allen zum Verbund gehörenden Portalen. Wir optimieren aber Herrn Müllers Möglichkeiten, die gesuchte Leistung auf dem ihm bevorzugten Weg zu nutzen und verbessern die Effizienz der deutschen Verwaltung, zum Beispiel, weil die elektronische Antragsbearbeitung viele Arbeitsschritte beschleunigt. Dadurch bleibt den Mitarbeitenden der Behörden mehr Zeit für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, die zu ihnen aufs Amt kommen. Auch das ist Nutzerfreundlichkeit und die ist Dreh- und Angelpunkt des OZG.

Ergänzende Informationen: