Vom digitalen Fortschritt profitieren Wirtschaft und Verwaltung
Namensartikel 14.12.2020
Start-ups und öffentliche Verwaltung: Kann das gut gehen? Thomas Jarzombek berichtet von kollidierenden Welten und wie beide Seiten voneinander lernen können
Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger kommunizieren elektronisch und wickeln geschäftliche Aktivitäten und Dinge des Alltags mittlerweile online ab. Und sie erwarten noch mehr - als Privatperson, als Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer, als Arbeitgeber und Unternehmen. In den Corona-Zeiten hat sich Online Unterricht an Schulen und Universitäten etabliert. Homeoffice und virtuelle Besprechungen in Unternehmen und Behörden erleben einen Hype. Gute Entwicklungen, die – da bin ich mir sicher – feste Elemente in unserer Gesellschaft werden. Die Digitalisierung im Verwaltungsbereich muss mithalten. Das Onlinezugangsgesetz und die europäische Verordnung zum Single Digital Gateway wirken als Treiber. Der Kernpunkt ist hier, die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, verbunden mit Informationsdiensten, zügig zu realisieren.
Zusammen mit Hamburg engagiert sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bei dem OZG-Themenfeld Unternehmensführung und -entwicklung, um Online-Lösungen voranzubringen. Unternehmen und Start-ups sind auf eine möglichst unkomplizierte Einreichung von Anträgen und Meldungen an Behörden angewiesen. Mit der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen werden Unternehmen entlastet - ein Bürokratieabbau durch eine Vereinfachung der Verwaltungswege, die wiederum eine Verschlankung unternehmensinterner Prozessstrukturen bewirken kann.
Als Beauftragter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für die digitale Wirtschaft und Start-ups bin ich so etwas wie eine Schnittstelle zwischen dem Ministerium und der Digitalwirtschaft bzw. den Start-ups. Ich tausche mich daher viel mit Akteuren der Start-up-Szene aus und versuche das, was ich dort an Anregungen bekomme, in den komplexen Weg der Gesetzgebung einzubringen. Zwar haben wir gerade gesehen, wie schnell die Bundesregierung Unterstützungsprogramme ins Leben rufen kann, aber für grundlegende Strukturreformen braucht man Zeit und muss alle Akteure einbeziehen. Hier prallen zum Teil Welten aufeinander: einerseits Start-ups, die gewohnt sind, schnell zu agieren, und andererseits politische Prozesse, die sehr langwierig sein können.
Viele Start-ups müssen ihr Geschäftsmodell in Zeiten von Corona anpassen, ihre Lieferwege überdenken und ihre Strategie verändern. Wir müssen verhindern, dass Innovationen durch diese Entwicklungen ausgebremst werden und wir erzielte Erfolge vernichten. Gleichzeitig dürfen notwendige Marktbereinigungen nicht verhindert werden. Gut, dass viele Start-ups über Know-how im IT-Bereich verfügen. Dies sollte verstärkt auch in Digitalisierungskonzepte der Verwaltung einfließen. Davon können beide Seiten profitieren, eine win-win-Situation.
Eine spannende und anspruchsvolle Zeit, in der wir leben. Wir setzen auf Open-X und den Mut, den Staat als Servicegeber zu sehen. Open-X bedeutet, dass nicht nur die Dokumentationen von IT-Projekten allgemein zugänglich sind, sondern allgemeine Standards verwendet werden und offene Schnittstellen angeboten werden. Dieses System besteht aus Verfahrens- und Rechtsvorschriften, Sicherheitsvorgaben, technischen Standards und bietet über diese Infrastruktur Daten für den Austausch mit anderen Systemen an. Diese anderen Systeme können sowohl von staatlichen Akteuren auf Landes- oder kommunaler Ebene betrieben werden, als auch vertrauenswürdigen privatwirtschaftlichen Unternehmen und freien Trägern.
Wir haben das mächtige Thema der Künstlichen Intelligenz, das mittelständischen Unternehmen unglaubliche Chancen und Entwicklungsperspektiven bietet. Die Plattformökonomie spielt auch da eine immer wichtigere Rolle. Wir müssen den Ehrgeiz haben, dass aus Deutschland und Europa heraus wichtige Player entstehen, die erfolgreiche Plattformen anbieten. Und das Ganze in einem vertrauensvollen Umfeld. Die öffentliche Verwaltung leistet durch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes hierzu einen Beitrag.
Die Seite onlinezugangsgesetz.de veröffentlicht an dieser Stelle regelmäßig Gastbeiträge. Diese geben einen persönlichen Einblick in die Prozesse und Projekte rund um die OZG-Umsetzung. Es handelt sich um die Meinungen und Eindrücke der jeweiligen Akteurinnen und Akteure. Sie entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des BMI.