Digitale Transformation ist für uns der Wandel von klassischen Organisationen, Dienstleistungen und Abläufen hinein in eine digitale Kultur
Namensartikel 24.03.2020
Ein Gastbeitrag von Vincent Patermann (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) zur Arbeit im ressortübergreifenden NExt-Netzwerk.
Als das NExT Netzwerk vor knapp zwei Jahren unter der Schirmherrschaft des Bundes-CIO Klaus Vitt an den Start ging, einte die 13 damals teilnehmenden Behörden eine klare Agenda: Der Anspruch, die digitale Transformation im öffentlichen Sektor maßgeblich mitzugestalten. Unser Ziel ist es, geschützte Räume für die Verwaltung zu öffnen, um die digitale Transformation der Verwaltung in einem geschlossenen Rahmen offen zu besprechen. Digitale Transformation ist für uns der Wandel von klassischen Organisationen, Dienstleistungen und Abläufen hinein in eine digitale Kultur. Diese zeichnet sich nicht nur durch Technologie, sondern auch durch Vernetzung und eine andere Art der Zusammenarbeit aus.
Die OZG-Umsetzung ist ein wesentlicher Bestandteil der digitalen Transformation der Verwaltung, jedoch erfordert sie auch viel Arbeit an der Organisation selbst. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, diese Herausforderungen in geschützten Räumen zu besprechen, Inspirationen zu stiften, Lösungsansätze zu teilen, Unterstützung für die Veränderung zu bieten und auch konkrete Projekte umzusetzen.
Als parteipolitisch unabhängiges Netzwerk bringt NExT Beschäftigte aus Bund, Ländern und Kommunen sowie deren nachgeordneten Behörden und Körperschaften über Hierarchien, Ressorts und föderale Grenzen hinweg offline wie online zusammen.
Der Mehrwert liegt auf der Hand: Nur, wenn wir es gemeinsam schaffen, schneller voneinander und miteinander lernen, bleiben wir als Verwaltung relevant. NExT unterstützt öffentlich Bedienstete handlungsorientiert dabei, die digitale Transformation besser zu bewältigen.
Aktuelle Herausforderungen
Nachdem NExT zunächst als Netzwerk von Entscheiderinnen und Entscheidern startete, haben wir es in 2019 in seiner Ausrichtung für alle öffentlich Bediensteten geöffnet, denn der digitale Wandel betrifft sowohl Führung als auch Arbeitsebene.
Im Netzwerk pilotieren wir gemeinsam Lösungen, um unseren Beitrag für den digitalen Wandel der Verwaltung zu leisten. So startete jüngst der Pilot der „Werkstatt für Organisationsentwicklung in der Verwaltung“, in der wir als sog. Community of Practice Grundlagen der systemischen Organisationsentwicklung kennenlernen und anhand konkreter und eigener Fälle eine kollegiale Fallberatung durchführen. Außerdem veranstalten wir im Sommer das erste NExT Barcamp unter dem Motto „Verwaltung. Digital. Gestalten.“. Im Herbst diskutieren wir bei einer „Autumn School“ mit Führungskräften die Herausforderungen der digitalen Transformation.
Die Herausforderung ist häufig, dass im Tagesgeschäft zu wenig Zeit ist, um nicht nur im System, sondern auch am System zu arbeiten. Der Arbeitsdruck im Bereich der Digitalisierung ist immens und nicht immer können die Dinge angepackt werden, die nachhaltig und strategisch sinnvoll oder notwendig sind. Schnelle und leicht sichtbare Resultate sind gut, aber wir dürfen auch die großen Baustellen nicht außer Acht lassen.
Erfahrungen und Lerneffekt
Lernen funktioniert dann besonders gut, wenn wir Dinge nicht nur theoretisch besprechen, sondern selbst ausprobieren und in unsere tägliche Arbeitspraxis überführen können. Häufig erleben wir aber, dass für das Ausprobieren kein Raum ist, sei es, weil der Alltag bereits zu voll ist, oder weil die Führungskraft den Raum nicht lässt. Es ist wichtig, Spielräume zu nutzen, denn es gibt welche - auch wenn sie manchmal nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind. Haben Sie Mut, Dinge auszuprobieren!
Wir haben auch gelernt, dass sich Kommunikation über die Hierarchien, Ressorts und föderale Grenzen hinweg für viele noch fremd und ungewohnt anfühlt. Gleichzeitig verändert sich aber die Art und Weise unserer Kommunikation ständig. Immer mehr öffentlich Bedienstete erkennen, dass Vernetzung einen unmittelbaren Wert für Sie und Ihre Organisationen hat und ihnen wertvolle Impulse von außen bietet. Das ist eine großartige Chance für die Verwaltung.
Und auch wir als Netzwerk verändern uns stetig: Das, was uns vor zwei Jahren zusammenbrachte ist nicht mehr (ausschließlich) das, was uns heute noch verbindet. Der Plan, den wir vor zwei Jahren hatten, hatte seine Richtigkeit, aber wir müssen ihn regelmäßig anpassen. Hier hilft uns, dass wir stets gewillt sind, unser Vorgehen zu hinterfragen und entsprechend anzupassen. Und manchmal muss man auch einfach mal machen. Denn eines ist – wie Finanzsenator Henning Lühr bei einer unserer Veranstaltungen sagte – ganz wichtig: „Wer nicht ab und zu vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke.“
Tipps für andere OZG-Umsetzer
Nach hunderten Gesprächen mit Verwaltungsmitarbeitenden aus Bund, Land und Kommunen in unserem Netzwerk möchte ich Ihnen folgendes an die Hand geben:
Eine wichtige Erkenntnis vorweg: Sie müssen es schon selbst machen! Es wird Ihnen keiner abnehmen können, sich auf den Weg zu machen. Das schöne aber ist: Sie werden nicht alleine sein. Vernetzen Sie sich also und nutzen Sie Bestehendes und die Erfahrungen, Ideen und Ansätze Ihres Netzwerks.
Seien sie dabei ehrlich zu sich selbst und zu anderen und teilen Sie wiederum Ihre Erfahrungen – Erfolge und Misserfolge – mit anderen, die ähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen.
Arbeiten Sie nicht nur an Ihrer Oberfläche, sondern auch im Inneren: Potemkinsche Agilitätsdörfer begeistern nur kurz, aber sie enttäuschen lange. Ja, Transformation ist anstrengend und sie geht nicht „so nebenbei“. Investieren Sie Zeit in den Wandel, denn er ist unumgänglich. Und noch eine schlechte Nachricht: Der Zustand permanenter Veränderung wird (zumindest in Teilen der Verwaltung) nicht enden. Richten Sie sich darauf ein, ständig in Bewegung zu bleiben.
Und auch diese Erkenntnis haben wir gemacht: Es geht nur gemeinsam. Eine Bottom-Up-Initiative ist ein wichtiger Bestandteil von Veränderung, aber ohne die Unterstützung von Oben wird eine Transformation nicht gelingen können. Das heißt aber nicht, dass Sie auf „Anweisung von Oben“ warten müssen. Nutzen Sie Ihre Spielräume und geben Sie den „Befehl von unten“!
Und ganz wichtig: Haben Sie Spaß mit dem, was Sie tun. Denn das ist nicht nur nicht verboten, es ist sogar erlaubt.
Die Seite onlinezugangsgesetz.de veröffentlicht an dieser Stelle regelmäßig Gastbeiträge. Diese geben einen persönlichen Einblick in die Prozesse und Projekte rund um die OZG-Umsetzung. Es handelt sich um die Meinungen und Eindrücke der jeweiligen Akteurinnen und Akteure. Sie entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des BMI.