Einer für Alle: Win-win-Situation bei digitaler Verwaltung schaffen

Typ: Namensartikel , Datum: 24.07.2023

Das Prinzip "Einer für Alle“ bei digitalen Diensten funktioniert am besten, wenn alle mitziehen und die Länder keine eigenen Insellösungen schaffen, sagt Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

aktuelles Zitat:

Helmut Dedy
Damit die Städte auch digital effizient arbeiten können, braucht es gemeinsame Standards statt bis zu 16 Einzellösungen in jedem Bundesland.

Helmut Dedy ist seit Juni 2016 Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages sowie Geschäftsführer des Städtetages Nordrhein-Westfalen, Berlin und Köln

Wenn Bürgerinnen und Bürger Verwaltungsleistungen digital nutzen können, ist das eine Win-win-Situation: Für die Antragsteller wird es einfacher und unkomplizierter, für die kommunalen Verwaltungen kann es eine Entlastung sein. Das ist ein wichtiger Schritt, um Bürokratie abzubauen und eine bürgernahe Verwaltung zu schaffen. Bürgerinnen und Bürger müssen öffentliche Verwaltung auch im digitalen Raum als zuverlässig, schnell und seriös erleben. Diese Chance bietet zum Beispiel das digitale Bauantragsverfahren – mit kürzeren Bearbeitungszeiten und schnelleren Genehmigungsverfahren. Im Mai hat Bundesbauministerin Klara Geywitz das neue digitale Verfahren für Bauanträge vorgestellt, in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt nach dem "Einer für Alle"-Prinzip (EfA).

Für die Städte ist das Prinzip "Einer für Alle", mit dem in einem Bundesland entwickelte Lösungen von den anderen Ländern genutzt werden können, ein sinnvoller Ansatz. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, Online-Dienste nur einmal zu entwickeln, zentral zu betreiben und allen Ländern und Kommunen bundesweit zur freiwilligen Nachnutzung anzubieten. Der Deutsche Städtetag hat dieses Prinzip stets begrüßt. Damit die Städte auch digital effizient arbeiten können, braucht es gemeinsame Standards statt bis zu 16 Einzellösungen in jedem Bundesland.

Diese Nachnutzung der sogenannten Einer-für-Alle-Dienste ist aktuell jedoch nicht immer einfach. Oft ist nicht klar, wann genau welche Dienste unter welchen Bedingungen tatsächlich zur Verfügung stehen werden – und wie sie weiterfinanziert werden. Deshalb warten Städte teilweise nicht auf die Bereitstellung von EfA-Diensten, sondern setzen auch auf eigene Entwicklungen. Bei der Nachnutzung von Online-Diensten in städtischen Verwaltungen müssen außerdem viele verschiedene Akteure beteiligt werden, bis ein Dienst tatsächlich einsatzfähig ist. Die Abläufe für die Nachnutzung sind noch nicht standardisiert und werden von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich gehandhabt.

Auch hier würden Standards helfen, eine Art Blaupause, wie EfA-Dienste eingeführt und umgesetzt werden können. Das würde den Städten die Übernahme der Dienste erheblich erleichtern. Konkret heißt das: Es sollten klare Rollen und Verantwortlichkeiten der unterschiedlichen Akteure festgelegt werden, um einen reibungslosen Betrieb der EfA-Dienste sicherzustellen. Wer ist für Wartung, Pflege und Weiterentwicklung zuständig? Gibt es Mindestanforderungen an Layout und Bedienung? Was muss vergaberechtlich bei der Einführung von EfA-Diensten beachtet werden? Eine solche Nachnutzungs-Blaupause fehlt bislang.

Eine weitere Herausforderung: Das "Einer für Alle"-Prinzip funktioniert nur dann richtig gut, wenn tatsächlich auch alle Bundesländer die entwickelten Lösungen nutzen. Beim kürzlich vorgestellten digitalen Bauantrag haben allerdings eine ganze Reihe von Bundesländern die Entwicklung aus Mecklenburg-Vorpommern nicht abgewartet und bereits landeseigene Modelle entwickelt. Hier gibt es also wieder einzelne Insellösungen. Für die Kommunen ist das von Nachteil – denn ein bundeseinheitlicher digitaler Bauantrag würde die Umsetzung in den Städten erheblich erleichtern.

Die Städte brauchen gerade beim digitalen Bauantragsverfahren schnellstmöglich Klarheit und Planungssicherheit. Denn dieses Digitalisierungsprojekt ist bei allen Vorteilen für die Kommunen in den kommenden Jahren mit einem erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand verbunden. Digitale Abläufe weiterzuentwickeln und anzupassen sowie geeignete IT-Fachkräfte zu finden und weiterzubilden, ist bereits jetzt eine große Herausforderung. Gleichzeitig müssen die Städte auch die Digitalisierung weiterer Leistungen aus dem Baubereich vorantreiben, wie insbesondere die Bauleitplanung und die Öffentlichkeitsbeteiligung. Für die zu erwartenden Kosten für Übernahme, Betrieb, Wartung und Weiterentwicklung dieser Online-Services brauchen die Kommunen auch weiterhin die Unterstützung des Bundes und der Länder.

Im Endeffekt geht es darum, Entscheidungsbefugnisse und Abstimmungen zu Einer-für-Alle-Diensten transparent zu gestalten und die Städte eng einzubinden, die Kostensicherheit der Nachnutzung zu gewährleisten, den datenschutzrechtlichen Rahmen für die Städte zu klären und die Entwicklung von Schnittstellen zu fördern. Bund und Länder müssen offen sein für eine grundlegende digitale Transformation der Verwaltung. Die Städte sind dazu bereit. Denn wir haben jetzt die große Chance, die öffentliche Verwaltung zukunftsweisend umzugestalten. Ein funktionierendes "Einer für Alle"-Prinzip ist dafür ein wichtiger Baustein.