Effizient und koordiniert: Durchbruch beim digitalen Gewerbesteuerbescheid
Meldung 03.07.2024
Durch Fortschritte in der Digitalisierung wird der Gewerbesteuerbescheid zunehmend online ausgestellt. Dadurch werden Prozesse verallgemeinert und für Steuerpflichtige optimiert. Die Neuerungen sollen nun in den Kommunen durchgesetzt werden und konventionelle Bescheide auf Papier großflächig ersetzen.
Die Digitalisierung in Deutschland gewinnt an Dynamik, besonders bei einem bedeutenden Projekt: dem digitalen Gewerbesteuerbescheid. Bund, Länder und Kommunen, Unternehmen, Steuerberatungen, Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungs-(HKR-)Systemanbieter sowie IT-Dienstleister sind gleichermaßen herausgefordert, den altbewährten, papierbasierten Prozess rund um die Gewerbesteuer in die heutige Zeit zu überführen. Dank koordinierter Anstrengungen auf Landesebene schreitet die flächendeckende Umsetzung zügig voran: Schon ein Drittel der HKR-Hersteller hat auf die Lösung umgerüstet, und mehrere Kommunen in unterschiedlichen Bundesländern haben bereits vollständig digitalisierte Gewerbesteuerbescheide versendet.
Seit einem Jahr können Steuerpflichtige in Deutschland direkt bei Abgabe ihrer Gewerbesteuererklärung den digitalen Gewerbesteuerbescheid über das ELSTER-Portal beantragen. Seither hat sich viel getan: Die Umsetzung wurde erfolgreich in über 100 Kommunen pilotiert, umfassend getestet und bereits in einigen Kommunen erfolgreich in die Praxis überführt. Herausfordernd dabei ist die Vielzahl an HKR-Systemen sowie die zahlreichen kommunalen IT-Dienstleister mit ihren eigenen Systemen und deren Anbindung an die Landesfinanzverwaltung. Wenn jedoch alle an einem Strang ziehen, gelingt die erfolgreiche Umsetzung.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Stadt Essen. Im Frühjahr dieses Jahres verschickte sie als eine der ersten Kommunen den vollständig digitalen Gewerbesteuerbescheid, nachdem im vergangenen Jahr Rostock und Düsseldorf deutschlandweit die Vorreiter waren. Auch die kleineren Gemeinden Nieder-Olm (Rheinland-Pfalz) und Amt Mittleres Nordfriesland (in Schleswig-Holstein) sowie die Stadt Brake (Unterweser) in Niedersachsen haben es geschafft und die ersten vollständig digitalen Bescheide an ansässige Unternehmen erfolgreich versandt.
Projekthintergründe und nächste Schritte
Die Einführung des digitalen Gewerbesteuerbescheids erfolgt unter Federführung des Hessischen Finanzministeriums im Rahmen der Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes nach dem EfA-Prinzip (EfA= Einer für Alle). Sowohl Unternehmen und Steuerberatungen als auch die Kommunen profitieren von der einheitlichen und automatisierten Lösung. Unternehmen und Steuerberatungen erhalten einen schlanken, rechtssicheren und effizienten Prozess. Für die Kommunen bietet der digitalisierte Bescheid einen großen Standort-Vorteil und großes Einsparungspotential angesichts des Fachkräftemangels.
Insgesamt sollen perspektivisch über 600 verschiedene Papierformate in 11.000 Kommunen abgelöst werden. Der neue digitale Bescheid wird als PDF-Dokument mit eingebettetem XML (PDF/A-3) in das Postfach des ELSTER-Unternehmenskontos zugestellt. Der maschinell lesbare, einheitliche XMLDatensatz ermöglicht eine direkte Weiterverarbeitung in den unterschiedlichen Software-Lösungen der Unternehmen und Steuerberatungen.
Anbindung der Steuer-Softwareanbieter
Viele Steuer-Softwareanbieter planen, die digitale Lösung mit ihren Produkten noch im Laufe des Jahres 2024 umzusetzen.Der Dienstleister INFOLOG ist bereit, digitale Bescheide zu empfangen und wartet nun gemeinsam mit seinen Kunden RWE, BMW und BASF auf die ersten produktiven Übertragungen.
Sehr positive Aussichten gibt es auch für alle Steuerpflichtigen, die mit den Lösungen von Wolters Kluwer arbeiten: Der elektronische Bekanntgabewunsch wird in Kürze übermittelt werden können, was den Weg für den digitalen Gewerbesteuerbescheid ebnet. Dieser und weitere Erweiterungen vereinfachen den Prozess in den Steuerkanzleien erheblich, da die Daten unter anderem automatisch in das Fristenbuch eingelesen werden.
Die DATEV, führender Steuerberatungsdienstleister in Deutschland, hat bereits im August 2023 den elektronischen Bekanntgabewunsch sowie den Bescheidabruf in ihrer Software umgesetzt. Seit die technischen Voraussetzungen für den Start einer Pilotierung seitens ELSTER geschaffen wurden, testen ausgewählte Steuerberatungen intensiv die bereitgestellte Lösung. Sobald das Verfahren erfolgreich mit verschiedenen Kommunen und deren Softwareherstellern getestet werden konnte, steht einem sukzessiven Rollout für alle ihre Steuerberater:innen im Laufe des Jahres 2024 nichts im Weg. Diese Entwicklung verspricht eine breite Anwendung und zusätzliche Unterstützung für Unternehmen und Steuerberatungen im Umgang mit dem digitalen Gewerbesteuerbescheid.
Vorteile der Standardisierung
Die bundesweite Vereinheitlichung des Gewerbesteuerbescheids bringt erhebliche Vorteile mit sich, darunter Einsparungen, Effizienzsteigerungen und verbesserte Transparenz. Noch im Jahr 2024 wird der digitale Gewerbesteuerbescheid die nächste Stufe der Standardisierung erreichen: Er soll als Fachmodul von XUnternehmen umgesetzt werden. Konkret bedeutet dies nicht nur, dass dadurch eine verbindliche Nutzung und kontinuierliche Pflege des Datenmodells geschaffen wird. Die Teilnahme an einem solchen XO V-Standard ermöglicht auch nachhaltig eine reibungslose Datenübertragung zwischen verschiedenen Systemen und Organisationen. Somit können alle Verwaltungsprozesse, die im Zusammenhang mit der Gewerbesteuer stehen, vereinfacht und automatisiert werden.
Herausforderung Zerlegungsbescheid vom Finanzamt an die Kommune
Eine spezielle Herausforderung im Gesamtprojekt stellt der elektronische Zerlegungsbescheid dar. Viele Unternehmen sind in mehreren Gemeinden aktiv, daher wird die zu leistende Gewerbesteuer entsprechend auf die verschiedenen Gemeinden verteilt. Die technische Umsetzung dieses Digitalisierungsprozesses macht kontinuierliche Fortschritte. Aktuell stehen die ersten Tests der Umsetzung mit elektronischen Bescheiden an. Die Stadt Dortmund agiert hierbei mit ihrem HKR-Hersteller als Testpartner. Die Pilotierung mit Echtdaten in Nordrhein-Westfalen (NRW) soll im Herbst 2024 abgeschlossen sein. Im Anschluss werden die Ergebnisse allen anderen Bundesländern zur Verfügung gestellt.
Der neue PDF-Zerlegungsbescheid mit eingebettetem XML (PDF/A-3) löst die Formate „ELSTERSchlüssel in K1“ und Papier in NRW ab und ermöglicht einen deutschlandweiten, länderübergreifenden digitalen Versand der Zerlegungsbescheide vom Finanzamt an alle betroffenen Kommunen. Die flächendeckende Einführung in ganz Deutschland ist für das Jahr 2025 geplant. Perspektivisch ist auch für die Gewerbesteuer-Messbetragsmitteilung vom Finanzamt an die Kommunen eine Umstellung auf das Format PDF/A-3 geplant.
Unterstützung für Kommunen
Der größte Knackpunkt liegt aktuell noch bei der Umsetzung in den Kommunen. Es ist entscheidend, dass Kommunen rechtzeitig die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Anbindung an die digitale Lösung schaffen. Die Gewerbesteuer ist meist ihre wichtigste Einnahmequelle. In vielen Kommunen sind die Auswirkungen der Grundsteuer-Reform noch spürbar. So fehlen vielerorts die personelle Kapazität und die finanziellen Mittel, neue Digitalisierungsprozesse schnell umzusetzen. Aber die Kommunen werden nicht im Stich gelassen: Es gibt für sie Unterstützung aus dem Projekt in Form von Länderarbeitskreisen und dem „ServiceDesk Digitaler Gewerbesteuerbescheid“.
Alle interessierten Kommunen sind eingeladen, am Projekt „Digitaler Gewerbesteuerbescheid“ teilzunehmen. In diesem Jahr haben Kommunen noch kostenlos die Möglichkeit, beim Umstieg auf die digitale Lösung begleitet und unterstützt zu werden. Es gibt den ServiceDesk, der schnell und direkt unterstützen kann, vielfältiges Informationsmaterial, die Möglichkeit, den Versand in einem Testsystem zu erproben (ELSTER4KONSENS-Testumgebung) und viele weitere Vorteile. Einer davon ist es zum Beispiel, sich mit anderen Kommunen mit den gleichen HKR-Systemen auszutauschen und zu vernetzen. Durch die Erfahrung aus der aktiven Zusammenarbeit ergeben sich unzählige Synergien und Möglichkeiten, den komplexen Umstieg zu meistern.
Im vergangenen Jahr wurde das Projekt „Digitaler Gewerbesteuerbescheid“ mit dem 1. Preis beim eGovernment-Wettbewerb ausgezeichnet. Diese Anerkennung bestätigt die Wirksamkeit und den nachhaltigen Mehrwert der digitalen Lösung für Unternehmen, Steuerberatungen und Kommunen gleichermaßen. Die erfolgreiche Umsetzung zeigt, dass durch gemeinsame Anstrengungen von Bund, Ländern, Kommunen, Unternehmen und anderen Akteuren eine funktionierende Lösung realisiert werden kann – koordiniert, effizient und sicher.
Stimmen zum digitalen Gewerbesteuerbescheid:
„Als Stadtverwaltung Essen sind wir sehr stolz darauf, als erste Kommune in Deutschland den Gewerbesteuerbescheid vollumfänglich digital an die
DATEV-Steuerberatersoftware zugestellt zu haben. Für uns bedeutet es einen großen Schritt im Rahmen unserer Digitalstrategie, ein gutes Dienstleistungsangebot bereitzustellen, das für alle einfach und standardisiert nutzbar ist.“
Frau Hammacher, Leiterin der Abteilung Steuern und Abgaben des Fachbereiches Finanzbuchhaltung und Stadtsteueramt der Stadt Essen
„Die Schwarz Gruppe begrüßt den digitalen Wandel in der deutschen Finanzverwaltung und dieses wichtige Projekt. Der digitale Steuerbescheid ermöglicht uns und unseren Steuer-Dienstleistern einen effizienten und rechtssicheren Prozess, der in allen Kommunen und Bundesländern gleichermaßen funktioniert. Mit der bevorstehenden deutschlandweiten Digitalisierung des Zerlegungsbescheids und der Umsetzung in den Kommunen freuen wir uns darauf, vollständig digital mit den Finanzbehörden und Kommunen zusammenzuarbeiten.“
Stefan Langer, Schwarz Dienstleistung KG (Lidl, Kaufland und Pre Zero)
„Als kommunaler
IT-Dienstleister begrüßen wir die Fortschritte bei der flächendeckenden Einführung des digitalen Gewerbesteuerbescheids. Es ist von großer Bedeutung, einen standardisierten Prozess umsetzen zu können. Die Bescheidbearbeitung erfolgt dadurch effizient, einheitlich und nachnutzbar. In der Stadt Brake (Unterweser) haben wir in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Steueramts den ersten Bescheid erfolgreich versendet. Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmenssteuerberater und der Verwaltung verlief sehr strukturiert und koordiniert. Wir freuen uns, dass wir als starker Innovationspartner für Kommunen fungieren und mithelfen, den Weg für die deutschlandweite Umsetzung zu ebnen.“
Martin Sunder, KDO, Leiter Unternehmenseinheit Kommunale Fachverfahren
"Als eine der ersten kommunalen Verwaltungen deutschlandweit und als erste in Schleswig-Holstein haben wir beim Amt Mittleres Nordfriesland erfolgreich einen digitalen Gewerbesteuerbescheid versendet. Wir möchten unsere Amtsverwaltung effizient, modern und unbürokratisch für alle gestalten. Unsere Teilnahme am Projekt 'Digitaler Gewerbesteuerbescheid' in Zusammenarbeit mit unserem
HKR-Dienstleister mps verlief reibungslos und hat maßgeblich zum Fortschritt beigetragen, auf den wir stolz sind.“
Jessica Mühlenbeck, Amtsleitung Zentrale Dienste, Amt Mittleres Nordfriesland
Kontaktmöglichkeiten:
Simon Fischbach, Hessisches Ministerium der Finanzen: Simon.Fischbach@hmdf.hessen.de
Dr. Anna Kindhäuser, ]init[ AG für digitale Kommunikation: Dr.Anna.Kindhaeuser@init.de