Digitale Dachmarke – Konzept für ein übergeordnetes Kennzeichnungssystem staatlicher Angebote im Internet

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: digitale Verwaltung

Die digitale Dachmarke für Deutschland: Zukünftig sollen staatliche Angebote von Bund, Ländern, Kommunen im Internet durch einheitliche Vertrauensanker besser erkennbar sein.

Eine digitale Dachmarke für übergreifende Angebote von Bund, Ländern und Kommunen – dafür legte die Ministerpräsidentenkonferenz den Grundstein, als sie im Juli 2023 Bund und Länder mit der Entwicklung eines Konzepts beauftragten. Fast ein Jahr lang arbeitete eine Arbeitsgruppe des IT-Planungsrats an einem solchen Konzept für ganz Deutschland. Bei seiner 43. Sitzung am 20. März 2024 wurde dieses Konzept vom IT-Planungsrat beschlossen. Mit dem Beschluss des Konzepts der digitalen Dachmarke soll ein freiwilliges Angebot von Kennzeichnungselementen geschaffen werden, welches überall dort eingesetzt werden kann, wo bisher keine staatliche Kennzeichnung als Vertrauensanker vorliegt. Angewendet werden kann die Dachmarke von Bund, Ländern und Kommunen.

Bedarf: Eine übergeordnete staatliche Dachmarke schließt Lücken und schützt vor Desinformation

Bisher fehlte es an einem einheitlichen "Look & Feel", wenn Bund, Länder und Kommunen übergreifende Angebote für Bürgerinnen und Bürger entwickelt haben. Es zeigte sich zum Beispiel bei übergreifenden Vorhaben wie dem Deutschlandticket oder bei digitalisierten Verwaltungsleistungen (BaföG, Elterngeld etc.), dass für diese Angebote jeweils eigene gestalterische Lösungen gefunden werden mussten – aus wirtschaftlicher und ressourcentechnischer Sicht keine optimale Lösung.

Für Bürgerinnen und Bürger, die diese Angebote nutzen, gab es bisher keine erkennbare, vertrauenswürdige Systematik. Dies lockte, wie zuletzt bei der Energiepreispauschale für Studierende, Trittbrettfahrer auf den Plan, die diese Lücke ausnutzten. Dieser Aspekt ist besonders unter dem Gesichtspunkt der steigenden Gefahren durch Desinformationen, Manipulationen und Fake News relevant. So zeigt zum Beispiel der aktuelle D21-Digital-Index 2023/2024 der Initiative D21 einen akuten Handlungsbedarf: 62% der Bürgerinnen und Bürger seien demnach bereits in Berührung mit Desinformationen im Internet gekommen.

Das Kennzeichnungssystem der digitalen Dachmarke bietet Bund, Ländern und Kommunen ein flexibles Angebot, leicht wiedererkennbare Elemente in ihre Web-Angebote zu integrieren und somit einen Vertrauensanker und eine Art Sicherheitssiegel für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.

Ein modulares Kennzeichnungssystem mit vier Elementen


Das Konzept der digitalen Dachmarke sieht ein Kennzeichnungssystem bestehend aus vier Elementen vor, die modular und freiwillig eingesetzt werden können. Mit der obersten Prämisse Nutzerorientierung, wurde das Konzept der digitalen Dachmarke von Anbeginn durch Fokusgruppendiskussionen und weiteren partizipativen Maßnahmen begleitet, deren Ergebnisse die Konzeption maßgeblich bestimmt haben.

Das Konzept umfasst die vier Kennzeichnungselemente Kopfzeile, Domain-Name, Bildzeichen und Designsystem.

1. Kopfzeile

Mit der Kopfzeile wird ein Vertrauensanker geschaffen, der in Anlehnung an die Kopfzeile der EU-Websites gestaltet wird. Es handelt sich dabei um ein schmales Banner, das im Kopfbereich der digitalen Auftritte von Behörden, Online-Diensten, Serviceportalen etc. eingesetzt wird und diese auf den ersten Blick und eindeutig für die Bürgerinnen und Bürger als offizielles Angebot kennzeichnet. Die Kopfzeile ist bereits entwickelt und wird derzeit in erste Pilotprojekte und Plattformen integriert.

2. Bildzeichen

Das Bildzeichen hat die Funktion eines "Qualitätssiegels" und kann als gut wiedererkennbare Absenderkennzeichnung bei übergreifenden Angeboten genutzt werden. Dieses wurde unter anderem anhand einer deutschlandweiten Online-Befragung zur Evaluierung von Bedarfen und Anforderungen an eine übergeordnete staatliche Marke entwickelt. Es soll der staatlichen Repräsentation dienen und berücksichtigt in seiner Ausgestaltung – in Anlehnung an die 16 Bundesländer zusammengesetzt aus 16 einzelnen Elementen - den föderalen Aspekt des Vorhabens.

3. Domain-Name

Für staatliche Angebote im Internet steht künftig der einheitliche Domain-Name gov.de zur Verfügung, der eine eindeutige Zuordnung von Web-Angeboten zu öffentlichen Stellen in Deutschland gewährleistet. Angelehnt ist diese Lösung an die überwiegende Mehrheit europäischer Staaten, die bereits eine klar erkennbare Domain-Endung für Angebote der öffentlichen Verwaltung eingeführt haben (z. B. gov.uk in Großbritannien, gouv.fr in Frankreich oder gv.at in Österreich)

4. Designsystem

Das Designsystem KERN bietet einen modularen Baukasten bestehend aus:

  • Komponenten (z. B. Buttons, Eingabefelder, Menüleisten, etc.),
  • Styleguides (z. B. Farben, Schriftarten, etc.) und
  • Anwendungsbeispielen.

Die Bausteine werden Open Source als UI-Kit (User-Interface-Bausatz) für Designer und als Komponentenbibliothek (Webcomponents) für die Entwicklung angeboten. Sie sind aus konkreten Anwendungsfällen (EfA-Online-Dienste, Serviceportale, etc.) abgeleitet und der Katalog wird kontinuierlich erweitert. Um eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung zu gewährleisten, arbeitet KERN mit einer großen Community aus dem Verwaltungsbereich zusammen. Derzeit wird das Designsystem in ersten Anwendungsfällen und Frameworks pilotiert.

Freiwilligkeit der Angebote

Die Anwendung der einzelnen Kennzeichnungselemente ist freiwillig und berührt die gestalterische Identität von Bund, Ländern und Kommunen nicht. Bei der Idee einer übergreifenden Marke geht es nicht darum, einzelne Auftritte aufzulösen, sondern ein ergänzendes Angebot zu schaffen - eine visuelle Basis für den gemeinsamen Auftritt mehrerer staatlicher Institutionen. Damit wird eine aktuell bestehende Lücke geschlossen.